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Eine Veranstaltung der ROSA LUXEMBURG STIFTUNG SACHSEN-ANHALT


Auf Einladung der Rosa Luxemburg Stiftung Sachsen-Anhalt trafen sich am 20. November 2009 Wissenschaftler, Politiker, Behördenvertreter, Pädagogen und Interessenten im InterCityHotel Magdeburg, um über Klimawandel zu diskutieren.

Über 50 Leute füllten den Tagungsraum und lauschten gespannt den wissenschaftlichen Darlegungen.

Dr. Klaus Grosfeld vom Alfred Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven fesselte die Zuhörer mit wissenschaftlichen Fakten und überzeugenden Prognosen.

Elisabeth Kühn, Biologin vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ Halle projizierte anschließend mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf Schmetterlinge als Indikatoren für Umweltveränderungen, im Modell natürlich.

Die Zuhörer bedankten sich durch neugierige Aufmerksamkeit und große Diskussionsbereitschaft.

Die wissenschaftlichen Vorträge wurden durch konkrete Projektvorstellungen ergänzt: „Energielehrpfad der Mutter Natur“ in der Grundschule Samswegen, Energietisch und Bürgersolaranlage Dessau, Klimakampagne „für mich. für dich. fürs klima. und „Klima gesund essen und einkaufen“ von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt.

Angelika Hunger (MdL, DIE LINKE) analysierte den Aktionsplan der Landesregierung und zeigte seine Schwächen auf.

Christoph Erdmenger (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) präsentierte das grüne Klimaschutzkonzept für Sachsen-Anhalt, nachdem Peter Oleikiewitz (Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz S/A) Beispiele für kommunalen Klimaschutz vorgestellt hatte.
Der Kampf gegen das Kohlekraftwerk Arneburg bildete erwartungsgemäß einen wichtigen Teil der Diskussion.

In der Veranstaltung wurden neuste wissenschaftliche Erkenntnisse vermittelt, Ideen entwickelt und Kontakte für den Klimaschutz geknüpft.
Die Konferenz schloss mit der Feststellung, dass Klimaschutz kein Privileg der Linken ist. Somit ist es sehr erfreulich, dass sich so viele Interessenten unterschiedlicher Herkunft und politischer Richtungen hier zusammengesetzt hatten und gemeinsam über dringend notwendige Klimaschutzmaßnahmen diskutierten.

offen

       Tagungsort:       InterCity Hotel Magdeburg
       Moderation:       Dr. Wolfgang Bey, RLS Berlin
                               Gabriele Henschke, RLS Regionalbüro Sachsen-Anhalt


     
      Tagesordnung/Beiträge:                                                                                              

Klima gestern, heute und morgen - Fakten und Projektionen
Dr. Klaus Grosfeld,
Alfred-Wegner-Institut für Polar- und
Meeresforschung Bremerhaven


Der Klimawandel und die Auswirkungen auf unseren unmittelbaren Lebensbereich sind in den vergangenen Jahren zunehmendes Thema in der öffentlichen Diskussion geworden. Begleitet von Extremwetterereignissen und Naturkatastrophen hat sich das Bild eines sich verändernden Planeten in den Alltag der Menschen eingeprägt. Konsequenzen für das gesellschaftliche wie politische Handeln sind unabdingbar.

Seit Beginn der Industrialisierung hat sich die Zusammensetzung der Atmosphäre, insbesondere der Gehalt an Treibhausgasen, wie Kohlendioxid und Methan durch menschliche Aktivitäten signifikant erhöht. Zudem hat der Mensch durch die Landwirtschaft sowie den Bau von Städten und Kommunikationswegen den Charakter der Landoberfläche entscheidend verändert. Dies hat signifikante Auswirkungen auf die Strahlungs- und Energiebilanz an der Erdoberfläche und auf den Wasserkreislauf. Auf der Grundlage einer Fülle von Beobachtungsdaten und Modellrechnungen kommen die Wissenschaftler aus aller Welt zu dem Schluss, dass der größte Anteil an der beobachteten globalen Erwärmung der letzten 50 Jahre den menschlichen Aktivitäten zugeschrieben werden kann und diese Veränderungen zukünftig weiter zunehmen werden, wenn nicht schnellstmöglich Gegenmaßnahmen beschlossen und umgesetzt werden.
Als Folge der Erwärmung schmelzen beispielsweise Gebirgsgletscher, Eisschilde und das Meereis, insbesondere in der Arktis, mit Auswirkungen für Umwelt und Mensch.


Schmetterlinge als Indikatoren für den Klimawandel
Elisabeth Kühn,
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung-UFZ Halle


Derzeit verzeichnen Experten in Europa so etwas wie eine Völkerwanderung der Schmetterlinge. Die warmen Winter ermöglichen es zahlreichen, vor allem Wärme liebenden Arten, ihr Areal nach Norden auszudehnen.
Was für eine Reihe von Arten gut zu sein scheint, ist schlecht für andere. Vor allem Arten die kühlere klimatische Ansprüche aufweisen und beispielsweise in Mooren sowie Gebirgen vorkommen, geraten in Schwierigkeiten.
Die beobachteten Trends bestätigen, wie sehr Schmetterlinge sich als Indikatoren für die Auswirkungen von Umweltveränderungen eignen. Sie reagieren schnell und empfindlich und lassen so Entwicklungen erkennen, die ganze Lebensgemeinschaften betreffen, die aber in ihrer Gesamtheit nicht abgebildet werden können und z.T. erst mit starker Verzögerung reagieren.

Nicht zuletzt aufgrund dieser Indikatorfunktion (aber auch aufgrund ihrer Beliebtheit in der Öffentlichkeit) sind Tagfalter zentrale Elemente der internationalen Forschung. Die Datenbasis für die Wissenschaft liefert unter anderem das Projekt „Tagfalter-Monitoring Deutschland".
Das langfristig angelegte Beobachtungsprogramm ist eine gemeinsame Aktion von derzeit
ca. 700 ehrenamtlichen Mitarbeitern, die regelmäßig und nach einer standardisierten Methode Schmetterlinge zählen. Ziel ist es, Änderungen der Artenvielfalt und Artenzusammensetzung,
wie sie z.B. derzeit durch den Klimawandel ausgelöst werden, wissenschaftlich fundiert nachzuweisen und die Daten dann auch entsprechend interpretieren zu können. Hierzu bedarf es aber noch einiger weiterer Jahre kontinuierlicher Beobachtungen.


Projektvorstellungen


Vorstellung des Vereins "Energietisch Dessau e.V."
und der Bürgersolaranlage
Burkhard Petersen, Energietisch Dessau e.V.


Energielehrpfad der Mutter Natur
Ralf Große Wortmann
Förderverein Grundschule/Hort Samswegen e.V.


Vorstellung der Klimakampagne „für mich. für dich. fürs klima."
Martina Angelus, Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt


Klima - Gesund essen und einkaufen
Angelika  Ernst, Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt





Anpassung an den Klimawandel und Klimaschutzprogramm
zur Situation in Sachsen-Anhalt
Angelika Hunger, DIE LINKE


Die Probleme des Klimawandels und des vorbeugenden Klimaschutzes machen auch um Sachsen-Anhalt keinen Bogen. Die Landesregierung hat Strategien beschlossen, die zur Lösung dieser Probleme beitragen sollen. Wie wirksam sind sie? Was wurde erreicht? Was bleibt zu tun?


Kommunaler Klimaschutz
Peter Oleikiewitz
Vorsitzender der Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz
des Landes Sachsen-Anhalt



Das grüne Klimaschutzkonzept für Sachsen-Anhalt
Christoph Erdmenger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN


Nach Auffassung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN muss Sachsen-Anhalt seine Emissionen auf das Pro-Kopf-Niveau der anderen Bundesländer senken. Wie im Jahr 2020 nur noch sieben Tonnen CO2 pro Kopf ausgestoßen werden, beschreibt das grüne Klimaschutzkonzept für das Bundesland. Stichworte sind der Ersatz der Braunkohle durch Erneuerbare Energien, die Förderung einer energieeffizienten Industrie in der Wirtschaftsförderung und fuß- und fahrradfreundliche Kommunen.
Christoph Erdmenger ist Mitautor des Konzepts und Landesvorsitzender der Partei.


Aus der Diskussion

Dr. Grosfeld zeigte in seinem  Vortrag anhand von wissenschaftlichen Daten, die durch ganz unterschiedliche Methoden ermittelt wurden, dass in der kurzen Zeitspanne der letzten 50 Jahre die mittlere globale Temperatur steil ansteigt. Dies hat es seit den letzten 100 000 Jahren trotz Wechsel von Kalt- und Warmzeiten nachweislich nicht gegeben. In der anschließenden Diskussion wurden letzte Zweifel ausgeräumt, dass diese rasche Erderwärmung anthropogen verursacht ist und nicht mehr wegdiskutiert werden kann. Auch der sich erhöhende atmosphärische Wasserdampf  wird trotz Reflexion der Sonnenstrahlung die fortschreitende globale Erwärmung nicht kompensieren. Beunruhigend sind die Treibhausgase Methan und Lachgas, die durch Landwirtschaft, Auftauen des Permafrostbodens künftig zunehmend freigesetzt werden und eine 23- bzw. 1000fach stärkeren Treibhauseffekt als
CO2 haben.
Um die Emission der Treibhausgase zu reduzieren, wären in Deutschland 0,5 Prozent des Bruttosozialproduktes für die Entwicklung neuer Techniken zur alternativen Energiegewinnung notwendig. Der Export solcher Techniken verspricht auch neue Arbeitsplätze. Die zunehmende Abschmelzung des Süßwassereises lässt den Meeresspiegel nachweisbar ansteigen. Die Verringerung der Salzkonzentration im Meerwasser wird sich auf die ozeanischen Wasserströmungen auswirken, was auf den Kontinenten zu ganz unterschiedlichen klimatischen Veränderungen führen kann. Das Abschmelzen der südpolaren Gletscher wird gegenwärtig noch durch den antarktischen Zirkumpolarstrom verhindert. Eine Anpassungen von Mensch, Flora und Fauna an die Folgen der Erderwärmung quasi im Zeitraum eines Wimpernschlages der Evolution wird nicht möglich sein.

In Erwartung der bevorstehenden Kopenhagener Weltklimakonferenz wurde unter den Teilnehmern große Besorgnis deutlich, dass sie scheitern könnte. Jedoch wird die Hoffnung auf Konsens insbesondere der EU-Länder, den USA, Russlands und Chinas gesetzt, bindende Vereinbarungen zu treffen und gemeinsame Maßnahmen gegen die ansteigende globale Temperatur nicht mehr zu verzögern.

Frau Dr. Kühn zeigte in ihrem Vortrag, wie heute schon verschiedene Schmetterlingsarten auf die Erwärmung reagieren. Die Artenzusammensetzung wird sich ändern, etlichen Arten drohen auszusterben. Für einige wurde mittels Computersimulation ihre künftige Abwanderung, zumeist in nördlichere Regionen, dargelegt. In der Diskussion wurde auch auf Standortveränderung der Futterpflanzen für die Raupen hingewiesen, denen die Falter folgen müssen. Am Beispiel von England, wo seit vielen Jahrzehnten ein Monitoring von Schmetterlingen, Käfern und Vögeln durchgeführt wird, warb Frau Dr. Kühn auch um Teilnehmer in Deutschland. Besondere fachspezifische Kenntnisse seien dafür nicht nötig. Geringe Vorkenntnissen sind schnell erwerbbar. In Holland wird Monitoring regelmäßig veranstaltet, es gibt dort gute Erfahrungen und  auswertbare Ergebnisse.


Politische Diskussion

Der Kampf gegen das Kohlekraftwerk Arneburg bildete erwartungsgemäß einen wichtigen Teil der Diskussion. Initiativenvertreter gegen das Kohlekraftwerk Arneburg warben in der Veranstaltung um Unterstützung, die von Frau Angelika Hunger umgehend zugesagt wurde.

http://www.gegen-steinkohlekraftwerk-arneburg.de/index.php?ber=katalog&pos_top=1&pos_left=3&hk=1&uk=1&klick=3&tiefe=1

Wichtig sei zudem eine Änderung des Bergbaurechtes, das immer noch anderen Rechten übergeordnet ist. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Landesentwicklungsplan ausliegt, für den Flächennutzungsplan Arneburg aber die Abstimmung noch aussteht.
Ignoranz des Klimawandels bedeutet letztlich, das immer höhere Kosten von jedem einzelnen Bürger erbracht werden müssen.
Die Konferenz schloss mit der Feststellung, dass Klimaschutz kein Privileg der Linken ist. Somit ist es sehr erfreulich, dass sich so viele Interessenten unterschiedlicher Herkunft und politischer Richtungen hier zusammengesetzt haben und gemeinsam über dringend notwendige Klimaschutzmaßnahmen diskutierten.


Weitere Informationen:

Standpunktepapier der RLS Nr. 18/2009 „Vor dem Klimagipfel"
http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=19924


Klimagipfel in Kopenhagen gescheitert
http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=9929&no_cache=1&tx_ttnews[tt_news]=2079&cHash=827b349932


RLS-Veranstaltung „Das war der Gipfel" am 21.01.2010 in Berlin
http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=20596&type=0&ftu=bcffa4c7c3














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