Der Investivlohn – eine Form der Mitarbeiterbeteiligung?

Das Thema war Gegenstand unserer Vortragsreihe „Gewerkschaften in unserer Zeit“ am 28.02.2007.

Angesichts der Explosion der Gewinne der Banken und Konzerne, der Lohnkürzung durch die Verlängerung der Arbeitszeit ist der Protest der ArbeitnehmerInnen und ihrer Gewerkschaften gewachsen. Sie müssen und wollen dem Kapital einen größeren Anteil vom Gewinn zugunsten höherer Löhne und Gehälter abringen. So ist zum Beispiel die IG Metall mit einer m.E. noch bescheidenen Forderung von 6,5% Lohnerhöhung in die Tarifverhandlungen gegangen. Andere Einzelgewerkschaften sind mit ihren Forderungen noch darunter geblieben.
Dieser Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit will die herrschende Klasse u.a. mit einem alten Hut, dem Investivlohn als eine Form der Mitarbeitbeteiligung entgegenwirken.
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff äußerte kürzlich, dass dies „den klassischen Gegensatz von Arbeit und Kapital überwinden“ würde.
Der Klassengegensatz von Kapital und Arbeit und damit der Klassenkampf sind weder verbal noch durch solche Praktiken aufzuhalten bzw. zu beseitigen. Das ist nur bei Überwindung des kapitalistischen Systems möglich. In der alten BRD gab es seitens des Kapitals viele Aktivitäten um den Klassengegensatz von Kapital und Arbeit zu verschleiern. Einige seien beispielgebend in Erinnerung gerufen: die Volksaktien, das 312,- DM, das 624,- DM, das 936,- DM Gesetz zur „Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand“, dazu gehört auch der Investivlohn. Bei all diesen Formen soll der Arbeitnehmer dem Unternehmer einen Teil seines Lohnes als zusätzliche Akkumulationsmittel für ca. 6 Jahre zur Verfügung stellen. Das ist nichts anderes als eine verschleierte Lohnkürzung (und ein „Zwangs-sparen“).
So enthält leider der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für die öffentlichen Krankenhäuser vom Oktober 2005 folgende Regelungen:
„Eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung durch Genussrechte ist bis zu einer Höhe von 10% des Gehaltes möglich. Durch die Umwandlung in Genussrechte erhalten die Beschäftigten für einen Teil ihrer tarifvertraglichen Gehaltsansprüche einen Anspruch auf Auszahlung, der erst nach einer Sperrfrist von mindestens sechs Jahren fällig wird und vom Krankenhaus später aus laufenden Mitteln zu tilgen ist. Eine Verzinsung KANN vereinbart werden.
Die Reduzierung von tariflichen Ansprüchen ohne Mitarbeiterbeteiligung (also nur Lohnkürzung der Verf.) ist auf 6% begrenzt.“
Es geht also um eine Absenkung des Einkommens (pure Lohnkürzung!) und um die Mitarbeiterbeteiligung (verschleierte Lohnkürzung).
Das Ganze wird so begründet: „Mit der Mitarbeiterkapitalbeteiligung greift ver.di als erste Gewerkschaft ein neues Instrument in einem Flächentarifvertrag zur Sicherung der Arbeitsplätze auf, mit dem Ziel die öffentlichen Krankenhäuser wettbewerbsfähig zu machen ...“.
Das heißt: Durch den monatlichen Lohnabzug wird der Arbeitnehmer zum „Miteigentümer“ manipuliert.
Kann der Arbeitnehmer dann noch als „Eigentümer“ Lohnforderungen stellen oder gar dafür streiken?
Und wenn der Betrieb „Pleite macht“, ist auch sein „Miteigentum“ (sprich: vorenthaltener und einbehaltener Lohn) fort.
Kann die Linkspartei.PDS so etwas unterstützen?
Nach der Auffassung des Bundesgeschäftsführers Dietmar Bartsch könnte der Investivlohn eine sinnvolle Ergänzung zu Lohn- und Gehaltserhöhungen sein. Er will die Investivlöhne aus den Gewinnen der Unternehmer finanzieren (vgl. ND vom 6.12.2006).
Glaubt er wirklich dass dies geht?
Als linker Gewerkschafter kann ich das nicht unterstützen. Hat das Kapital die Ausgebeuteten schon mal freiwillig an ihren Gewinnen beteiligt?
Im Gegenteil. Der Investivlohn soll zusätzliche Akkumulationsmittel aus der Arbeiterklasse locker machen, um den Profit weiter zu maximieren. Es ist m.E. ein weiteres (kein neues) Instrument, um die Ausbeutung zu erhöhen und die Interessen der Arbeiterklasse den Interessen des Kapitals noch wirksamer unterzuordnen.
Und da behaupten einige Leute es gäbe keinen Klassenkampf mehr!

Dr. Hans Küstner Forum Gewerkschaften

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