Der Aktionstag der sozialen Bewegungen
im Kampf für ein solidarisches und sozial gerechtes Miteinander

Am 11.05.2006 führte der Bildungsverein Elbe-Saale gemeinsam mit dem DGB Region Magdeburg/ Altmark und unter Beteiligung von Vertretern der Montagsdemonstration in Magdeburg sowie Akteuren der Sozialforenbewegung eine Vortragsveranstaltung mit Diskussion zu Stand und Perspektiven zukünftiger gemeinsamer Aktionen im Ringen um mehr soziale Gerechtigkeit durch. Zuvor nahm die Vorsitzende des Bildungsvereins, Frau Dr. Angelika Klein, an einer Beratung des landesweiten Bündnisses für soziale Bewegung, die u.a. auf den Umgang mit Ziel des Aktionstages selbst erörterte, teil.
Zentraler gemeinsamer Nenner ist die Kampagne für einen Mindestlohn, die Sicherung des Tarifvertrag-Systems und der Kampf um die Anhebung der nicht existenzsichernden ALG II-Bedarfssätze. Wenn auch die geforderten Höhen auseinander klaffen die Zielrichtung der Veränderungen eint alle Akteure.
Von besonderer Bedeutung ist hier die Verbindung der Akteure der sozialen Bewegungen mit den Gewerkschaften und der Politik. Dieses Bündnis wird z.Zt. nur durch Vertreter der Linkspartei.PDS in Kommunen, Landkreisen, Land- und Bundestag getragen.
Horst Schmitthenner sprach eingangs der Veranstaltung vom grundlegenden Systemwechsel des Sozialstaates. Die Frage so zu beantworten, ob es nur um den Erhalt der sozialen Grundordnung nach Grundgesetz, also Zivilisierung des Kapitalismus bei gleichzeitigem Erhalt der Demokratie, geht. Oder ob gerade die Antwort nicht auch in einer weiteren Richtung zu suchen wäre.
Die erste Richtung meint sich auf mehr Service, also als Kampforganisation für die noch verbliebenen Beschäftigten in den Feldern von Tarif und Betriebspolitik, zu konzentrieren, somit nur die sogenannten Kernfelder der Gewerkschaftsarbeit zu bedienen. Die zweite Richtung geht weiter. Sie behauptet: Die Gewerkschaften müssten ihr politisches Mandat ausweiten und verstärken.
Dabei könne nur die Gewerkschaft die Brücke vom sozialen Protest auch der aus der Arbeitsgesellschaft Ausgeschlossenen zum Ökonomischen schlagen . Nur sie könne den Protestaktionen auf der Straße ökonomischen Druck in der Wirtschaft hinzufügen. Hierzu ist mit Oscar Lafontaine zu fragen ob das Recht auf einen politischen Generalstreik in diesen Kampf mit einzubeziehen ist. Schnittmengen gemeinsamen Handelns von sozialer Protestbewegung, Gewerkschaften und der politischen Linken könnten sein:

  1. die Wachstums- und Beschäftigungspolitik
    - nachhaltige Entwicklung eines öffentlichen Beschäftigungssektors
  2. solidarische Weiterentwicklung der Sozialversicherungssysteme
    - Anhebung der Beitragsbemessungs- und Pflichtgrenzen
    - Erhöhung der Einzahlerbasis
  3. Erhalt öffentlicher Güter gegen Privatisierung
    - in den Feldern Bildung, Gesundheit, öffentliche Daseinsvorsorge
    - umfassender Erhalt und Ausbau von Systemen des Chancenausgleiches
  4. Erhalt solidarischer Steuersysteme
    - Einführung des solidarischen Einfachsteuersystems
  5. die Demokratisierung des politischen Systems
    - Aufhebung der Abschottung der politischen Eliten (nur 53% der Wahlberechtigten haben die große Koalition aus SPD und CDU gewählt)
    - Stärkung der Formen direkter Demokratie (Plebeszite)
  6. konfliktlösende Friedens- statt konfliktschürender Kriegspolitik
  7. eine alternative, weil soziale Europapolitik

Gerade die Felder der Friedens- und Europapolitik beherrschten das vierte Europäische Sozialforum in Athen. Anbei des Treffens fand die zahlenmäßig zweitstärkste Demonstration Griechenlands seit Jahren statt. Unter Beteiligung von 500 Deutschen trafen sich die Akteure von sozialer Bewegung und was für dieses Treffen auffällig war auch viele vor allem linke Politiker. Dennoch die Sozialforenbewegung muss neu folgende Fragen nach Schmitthenner beantworten:

  • viele Akteure vermissen das Konkrete, kritisieren die zu breite Veranstaltungsfülle
  • das Forum selber muss konkreter das Hauptthema und die präferierten Themen benennen
  • die Forenbewegung muss sich also neu erfinden bzw. neu etablieren

  • Gerade in diesem Punkt zeigen sich die Meinungsverschiedenheiten. Ist das Sozialforum also in erster Linie ein Platz für die öffentliche Diskussion von Alternativen oder ist es der Ort der Verabredung von zentralen Aktionen und Kampagnen.
    Für das Jetzt ist die Frage zu klären: Können sich alle Beteiligten auf Verbindliches und Gemeinsames einigen? In der an die Informationen anschließenden Diskussion wurde am Umgang mit dem zentralen Aktionstag der sozialen Bewegungen am 03. Juni in Berlin deutlich wo gerade die Unterschiede im Herangehen der Politik, der Gewerkschafter und der sozial Bewegten sind. Schmitthenner äußerte hierzu: Das zentrale Aktionstage auch darauf ausgerichtet sein müssen ein Medienbild zu erzeugen, das den Inhalten, die umkämpft sind, dienlich wird. Schon seit November 2005 haben die Gewerkschaften erklärt, das es ihre Aktionskraft überschreitet, wenige Zeit nach der Kampagne gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie im Frühjahr diesen Jahres schon im Frühsommer einen weiteren Aktionstag zu gestalten. Dies wird noch durch eine Politik untersetzt die sich zur Zeit wie die sozialdemokratische Wärmestube geriert. Erst im September so die Einschätzung der Gewerkschaften wird die Masse der Bevölkerung zu Betroffenen weiteren Sozialabbaus und enormen Steuererhöhungen werden. Dennoch empfiehlt Schmitthenner den Aktionstag auf vielfältige Weise von unten zu unterstützen.


    << zurück