Es beginnt mit Protest und endet
mit einer Alternative

Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass nach den Parteitagen der Linkspartei und der WASG Ende April dieses Jahres das Ringen um eine gemeinsame Strategie und ein gemeinsames Parteiprogramm für eine neue sozialistische deutsche Linke beginnen wird. Streitkultur ist gefragt, der öffentliche Diskurs wirkt mit, letztlich haben die Beteiligten die Chance einer Urabstimmung über ihre eigene Wegleitung.

Mit drei Diskussionsforen des Bildungsvereins Elbe-Saale Anfang Mai wurden einige strategische Eckpunkte gesetzt. Auf dem Forum mit Gewerkschaftern und Vertretern von sozialen Bewegungen wurden nach dem Sozialforum von Athen hohe Erwartungen an eine neue Linkspartei geäußert. Ein Projekt der Rosa-Luxemburg-Stiftung zur vergleichenden Zeitgeschichte gab Sicherheit für historische Urteile. Schließlich wurde das Marxsche Erbe befragt nach zeitgemäßen globalen Alternativen.
Als Orientierungshilfe erwies sich in den Foren der Bezug zum strategischen Dreieck von Protest und Widerstand, Mit- und Umgestalten, über den Kapitalismus hinausgehende Alternativen von der PDS 2004 beschlossen und Gegenstand von Foren mit Katja Kipping, Wolfgang Methling, Wolf Haug und Hans Modrow im Vorjahr.
Protest und Widerstand ist die erste tragfähige Antwort auf neoliberale Konzepte der Außen- und Innenpolitik der etablierten Parteien, gleich in welchen Koalitionen. Hieran knüpften die Gewerkschafter und die Vertreter sozialer Bewegungen ihre Erwartungen an eine neue Linke gegen Sozialabbau und gegen vermeintliche moderne Sachzwänge der Globalisierung. Deshalb wurde die beschlossene Kampagne beider Parteien für einen Mindestlohn von 8 Euro begrüßt und unterstützt.
Die Möglichkeiten der Mit- und Umgestaltung aktueller krisenhafter, gesellschaftlicher Zustände sind realistisch zu hinterfragen. Das Mitregieren auf Länderebene, aber auch in der Kommunalpolitik birgt schon jetzt politischen Sprengstoff in der WASG in sich. Deshalb ist schon im Programm der neuen Linken Realismus für wichtige Politikfelder gefragt, so bei Haushaltsfragen, der Steuerpolitik, Gesundheitsreform, Arbeitsmarkt und Bildung usw. .
In Sachsen-Anhalt hat die neue Linke genügend Profilierungsräume als Oppositionspartei für den Nachweis ihrer Lösungskompetenzen gemäß ihrer Prognose bis 2020.
Alternativen über den Kapitalismus hinaus entstehen im nostalgischen Nachdenken oder kontemplativen Nachdenken über wünschenswerte sozialistische Verhältnisse. Als unabdingbar wurde in unseren Foren das Zurückdrängen des neoliberalen Denkschemas ausgemacht, nach dem es keine reale Alternative zum globalen Kapitalismus geben kann. Das Marxsche Erbe und eine wissenschaftliche Geschichtsaufarbeitung können uns helfen, konkrete Sozialutopien zu entwickeln. Die Mitautoren zur Vergleichenden Deutschen Zeitgeschichte von 1945 bis 2000 gaben wertvolle programmatische Hinweise, wie der gut dotierte „DDR-Forschung“ der gemischten Doppel Gauck-Birthler, Klier und Knabe begegnet werden kann. Zum viel diskutierten Buch von Heinz Dietrich „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ kamen die Auswertungen beider Parteien durch Parteitagsdelegierte, so von Dr. Rosemarie Hein, Friedrich Raabe von der Linkspartei sowie von André Litzroth und Werner Gaede von der WASG. Wohltuend war in allen Foren die Streitkultur als Voraussetzung einer konstruktiven Programmdiskussion bis 2007, in die möglichst viele Linke einbezogen werden sollten.
Der Bildungsverein Elbe-Saale bietet zum 14.06.2006 das nächste Forum an, dort wird Professor Dr. Ing. Reinhold Krampitz zu den Möglichkeiten der wissensbasierten Arbeit als Zukunftschance sprechen.


Dr. Heinz Sonntag

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